Im Juni 2021 eröffnete Anja Osterbrink ihr Fachgeschäft für Stoffe, Wolle und Nähzubehör im Papendiek. Seither ist der 'Lieblingsfaden' für Näh- und Strickbegeisterte aus der Region bereits eine echte Institution geworden. Mit großem Engagement und echtem Interesse für die Anliegen ihrer Kundschaft berät sie und bietet in regelmäßigen Kursen Weiterbildungen für Näh-Begeisterte an – und solche die es werden wollen.
Vielfalt und ein großer Anteil inhabergeführter Fachgeschäfte sind die großen Stärken des lokalen Einzelhandels in der Göttinger Innenstadt. Viele Läden sind einzigartig, sei es aus langer Tradition oder weil sie Spezialisten auf ihrem Gebiet sind – oder beides. Jeden Monat stellen wir Ihnen ein Innenstadt-Geschäft vor, diesen Monat: der Lieblingsfaden.
Die Begeisterung für Stoffe und das Nähen wurde Anja Osterbrink quasi in die Wiege gelegt: Sie wuchs in Salzgitter in einer wahrhaften Schneiderfamilie auf: Ihre Mutter ist Schneiderin – ebenso ihre Tante, ihr Großvater und ihr Patenonkel betrieben eine Schneiderwerkstatt. Als Osterbrink fünf Jahre alt war, eröffnete ihre Mutter ein Geschäft für Woll- und Kurzwaren, in dem sie in ihrer Jugend regelmäßig jobbte und Kundschaft beriet. Zu Nadel und Faden griff sie seinerzeit selbstverständlich auch schon routiniert. Nach ihrem Germanistik- und Amerikanistik-Studium in Göttingen fand sie sich nach einigen Jahren jedoch in einem Bürojob wieder: „Das war überhaupt nicht mein Ding“, sagt sie heute. Sie brauchte mehr Kontakt mit Menschen und wollte mit ihren Händen arbeiten. Sie begann wieder mit dem Nähen und ergriff die Initiative für ihre spätere Selbstständigkeit.
„Guten Tag, mein Name ist Anja Osterbrink und ich möchte hier arbeiten.“ – mit diesen Worten stellte sie sich in einem Handarbeitsgeschäft in der Groner Straße vor. Zwei Jahre arbeitete sie dort. Corona und Lockdown brachten sie jedoch zu der Überzeugung ein eigenes Geschäft eröffnen zu wollen. Seit Juni 2021 kümmert sie sich nun in ihrem eigenen Geschäft, dem ‚Lieblingsfaden‘, um die Wünsche und Anliegen ihrer Kunden in Sachen Stoffe, Strickwaren und Co. Tatkräftig unterstützt wird sie dabei von zwei Kolleginnen.
Näh-Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene
Im Papendiek 24-26 – so lautet die Adresse des Lieblingsfaden – fühlt sie sich richtig wohl. Aus Ihrem Ladenlokal schaut sie in die Johannisstraße, eine von Osterbrinks Lieblingsstraßen in Göttingen. Der Lieblingsfaden bietet viel Fläche auf zwei Etagen – und die braucht sie auch: Für ihr breites Sortiment an Stoffen, Strickgarn, Accessoires, Zubehör und Kurzwaren und für ihr Kursprogramm. Über eine geschwungene Treppe gelangt man in das Untergeschoss, wo Anja Osterbrink ihren Kursraum eingerichtet hat: Vier Nähmaschinen-Plätze, zwei Overlock-Maschinen und ein großer Schneidetisch bieten hier ausreichend Platz für die Kurs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Kurse finden im Lieblingsfaden regelmäßig statt. Das Programm umfasst Näh-Kurse für Erwachsene, für Kinder und – seit kurzem – auch für Freunde des Strickens. Erwachsene nehmen jeweils eigene Projekte mit in die Kurse – meist in Form von Schnittmustern. Unter fachkundiger Anleitung werden die Projekte zusammen mit der Kursleitung vorangetrieben. Für die Kinder-Kurse wird in der Regel ein konkretes Projekt vorgegeben: so werden Stifte-Mäppchen, Handtaschen oder auch saisonale Projekte, wie Weihnachtsgeschenke für die Verwandtschaft genäht.
Für die Betreuung ihrer Kurse hat Anja Osterbrink ein „tolles Team“ aus vier engagierten Frauen zusammengestellt, berichtet sie. Ihr ist wichtig, dass die Kurse im kleinen Rahmen mit maximal vier Teilnehmerinnen und Teilnehmern abgehalten werden. Zum einen weiß sie aus Erfahrung, dass nur so eine wertvolle Hilfestellung für jeden Einzelnen geboten werden kann. Zum anderen stellt es auch für die Kursleiterinnen eine Herausforderung dar, sich auf die verschiedenen Kenntnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzustellen.
Die Kurse liegen ihr auch am Herzen, da sie so Kundinnen und Kunden effektiv an ihr Geschäft binden kann. Und das zahlt sich aus: Viele buchen Folgekurse und erweitern die treue Stammkundschaft des Lieblingsfaden.
Zu den Kursen kommen alle Bevölkerungsgruppen: ob jung oder alt, männlich oder weiblich – das spielt im Lieblingsfaden keine Rolle. Auch was die Käuferinnen und Käufer von Stoffen, Zubehör und Kurzwaren betrifft: „Die Kundschaft wird zunehmend vielfältiger. Männer kommen immer häufiger zu mir in den Laden. Die stricken, die nähen, das ist einfach super.“, so Osterbrink. Einer ihrer Stammkunden ist begeistert von der Farbkombination aus Schwarz und Rot. Als sie gerade frisch eingetroffene Stoffe eben dieser Farben im Laden begutachtete, kam dieser und reklamierte die Stoffe gleich für sich. Für Osterbrink ist der Kunde seither ‘Herr Schwarz-Rot’.
Nachhaltige Zusammenarbeit
Anja Osterbrink weiß ihre Kunden gut einzuschätzen; welche Wünsche und Vorlieben sie haben, interessiert sie. Während unseres Gesprächs läuft eine Kundin über die Straße und auf den Lieblingsfaden zu. Osterbrink schaut auf und ruft: „Oh, da kommt die passionierte Sockenstrickerin. Und sie will jetzt eine ganz tolle Stricknadel abholen, die aber leider noch nicht da ist.“ Wir fragen: „Sie kennen Ihre Kunden?“ „Ja“, sagt Osterbrink voller Überzeugung, „ich habe viele Stammkunden. Ganz viele, die auch von Tag eins an da waren.“ Auch außergewöhnliche Anliegen werden im Lieblingsfaden ermöglicht: So bestellt Osterbrink auf Wunsch schon mal ganze Stoffballen oder auch “Stricknadeln in Größe 10 mit 1,2 Meter Seil”, berichtet sie. Defekte Nähmaschinen von Kundinnen und Kunden nimmt sie ebenfalls an. Sie arbeitet für deren Reparatur mit der Firma Strogies aus Katlenburg zusammen.
Ihre Kundschaft kommt auch zu ihr, da sie Wert auf Nachhaltigkeit legt. So arbeitet Osterbrink bevorzugt mit regionalen Unternehmen zusammen. Gute Beispiele sind der Alpakahof Mittelstädt, von dem sie naturbelassenes Strickgarn und Seife, oder der Hof Schwalbental, von dem sie unbehandelte Schafwolle bezieht.
Das Atelier Zitron aus dem Sauerland, dessen Garne ebenfalls ausschließlich in Deutschland produziert werden, ist ein „Familienunternehmen genau nach meinem Geschmack und deren Garn-Qualität spricht für sich.“, sagt sie. Auch Stoffe versucht sie so regional wie möglich zu kaufen, was sich aber deutlich schwieriger gestaltet. Dennoch prüft sie immer wieder neue Möglichkeiten, Ware nachhaltig und regional zu beziehen.
Osterbrink folgt mit dem Lieblingsfaden Ihrer Leidenschaft für Stoffe und das Nähen und setzt damit eine Familientradition fort – “back to the roots”, wie sie selber sagt.
Aktuelle Näh- und Strickkurse können auf der Website vom Lieblingsfaden eingesehen werden.
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